Bromierung von Butan


Von Niko Dimitriadis, Christa Haase und Bernd Horlacher



Normalerweise wird bei der radikalischen Substitution eine Bromierung von Hexan durchgeführt. Diese Reaktion hat einige Nachteile. Als sinnvolle Ergänzung wird eine sehr einfache Bromierung von Butan vorgestellt, die den Verlauf der Reaktion gut nachvollziehbar macht. Die entstehenden Halogenalkane sind einfach zugänglich. Zur Nachbereitung des Versuchs werden noch zwei Aufgaben vorgeschlagen.

1. Vorbemerkung:

In den meisten Lehrbüchern wird als Versuch zur Bildung von Halogenalkanen die Bromierung von Hexan oder Heptan beschrieben. Mit diesem Versuch werden die Lichtabhängigkeit der Reaktion und das Entstehen von Hydrogenbromid-Gas als eines der beiden Produkte demonstriert. Wo aber ist das gewünschte Reaktionsprodukt Bromhexan, welche Eigenschaften hat es? Diese wichtige Frage bleibt ungelöst, denn das entstandene Bromhexan ist im Ausgangsstoff Hexan gelöst. Um ein Halogenalkan mit seinen Eigenschaften zeigen zu können, wird noch eine Chlorierung von Methan durchgeführt, für die zuerst einmal Chlor hergestellt werden muss, was wesentlich aufwändiger ist als die Entnahme von Brom aus der Flasche. Im Folgenden wird ein Versuch beschrieben, der leicht zu handhaben ist und das gewünschte Reaktionsprodukt problemlos zugänglich macht.

2. Versuchsbeschreibung:

Geräte: 1-Liter-Kolben, Tageslichtprojektor, Stopfen-Pipetten-Manometereinheit. Dieses Einfachstmanometer besteht aus einer 5 ml Kolbenpipette, die oben verschlossen ist. Je nach Art des Verschlusses ist das Manometer verschieden empfindlich.
Chemikalien: Campinggas (aus der Campinggaskartusche), v.a. Butane, C4H10(l) (leichtentzündlich, F) Brom, Br2(l) (Giftig, T+; Ätzend, C; Umweltgefährlich, N; R 26-35-50 ; S(1/2)-7/9-26-45-61 Natriumsulfit, Na2SO3 (Gesundheitsschädlich, Xn) Entstehende Bromalkane (je nach Bromierungsgrad F, Xi ; R 11-38 ; S 16-26-33)


Sicherheitshinweis:Bei Arbeiten mit flüssigem Butan dürfen keine offenen Flammen in der Nähe brennen. Da sowohl Butangase als auch Bromgase eine größere Dichte als Luft haben, ist für ausreichende Ablüftung beim Einfüllen der Reaktionsmischung zu sorgen. Dies geschieht sinnvollerweise durch Arbeiten im Abzug. Die geschlossene Apparatur kann außerhalb des Abzuges betrieben werden.

2.1 Vorversuch:

Zum Vergrößern auf die Skizze klicken Durchführung:
Man lässt aus der auf den Kopf gestellten Gaskartusche bei abgeschraubtem Brennerkopf eine Gaspfütze von ca. 3 bis 5 ml flüssigem Gas (besteht hauptsächlich aus Butan vgl. Gaschromatogramm [4]) in den Kolben einströmen. Man setzt nun zügig den Stopfen mit dem Druckmesser auf (Abb.1). Die Kolbenpipette ist bei diesem Versuch mit ca. 5 ml Luft gefüllt, damit sie als Manometer Überdruck anzeigen kann.

Beobachtung:
Der Kolben kühlt sich ab und der Druck im Inneren des Kolbens steigt durch das verdampfende Butan an, was die eingedrückte Kolbenpipette anzeigt.



2.2 Hauptversuch:

Durchführung:
Man wiederholt die Zugabe von Butan, gibt zügig 1 bis 2 ml Brom hinzu und verschließt die Flasche mit der Stopfen-Manometer-Einheit. Diesen Versuchsteil kann man nun mit einem zweiten Kolben wiederholen und das erhaltene Gemisch in der Dunkelheit aufbewahren, bis man den ersten Kolben verarbeitet hat. Der so vorbereitete Kolben wird jetzt ins Licht des Tageslichtprojektors gehalten (Abb. 2). Im Hauptversuch ist die Kolbenpipette nicht mit Luft gefüllt, da hier Unterdruck auftritt.

Video zum Versuch

Zum Vergrößern auf die Skizze klicken

Beobachtung:
Nach kurzer Zeit ist zu beobachten, wie die Butannebel und die Bromfarbe verschwinden. Stattdessen entsteht an der Kolbenwand eine dünne Ölschicht. Der Kolben wird warm und im Kolben entsteht Unterdruck, was an der Kolbenpipette gut zu erkennen ist. Um restliche Bromspuren zu beseitigen, die eine Geruchsprobe stören würden, gießt man Natriumsulfit-Lösung (w = ca. 5 %) hinzu und schwenkt den Kolben um. Beim Öffnen des Kolbens entströmt ein eigenartig süßlicher Geruch, der vielen aus der chemischen Reinigung bekannt ist und der weder vom Butan noch vom Brom stammen kann. Den Kolbeninhalt gießt man in ein Becherglas oder noch besser in ein Absetzglas, wo sich am Boden eine klare, nicht wasserlösliche Schicht absetzt. Es handelt sich um das entstandene Halogenalkan, das leicht mit einer Pipette entnehmbar ist. Mit der Flüssigkeit kann man eine Geruchsprobe machen, indem man den Pipetteninhalt auf ein Filterpapier auftropft und das Filterpapier herumreicht. Ebenso kann die Beilstein-Probe durchgeführt oder mit dem Gaschromatographen eine Auftrennung in die verschiedenen Bestandteile vorgenommen werden.

Auswertung des Versuchs:

2.2.1 Qualitative Kennzeichen der Produkte:



Folgerungen:
Die Produkte sind also weder Wasser noch Butan oder Brom.

2.2.2 Energetische Auswertung:


Die Gesamtreaktion der Radikalischen Substitution lässt sich etwa folgendermaßen formulieren (1):

C4H10 + n Br2-> C4H(10-n)Brn + n HBr (1)

Abschätzung des Energiegewinns pro Substitution durch ein Brom-Atom:

 
Bindung
Bindungsenergie (kJ/mol)
aufzuwendende Bindungsenergie: C-H -413
  Br-Br -193
   
-606





freigesetzte Bindungsenergien: C-Br -231
  H-Br -363
   
-633

Das heißt pro erfolgter Substitution entsteht in etwa ein Energiegewinn von 28 kJ/mol (siehe auch [3, 95]).

2.2.3 Hinweise zum Reaktionsmechanismus


Der erste Reaktionsschritt der Kettenreaktion (Startreaktion) ist eine endergonische Spaltung des Broms durch Licht in zwei Brom-Radikale (2).

Br-Br 2 Br->
ΔH = 193 kJ/mol
(2)


Der zweite Reaktionsschritt (Kettenreaktion) ist die endergonische Reaktion eines Brom-Radikals mit einem Butan-Molekül unter Abspaltung eines Wasserstoff-Atoms und Bildung von Hydrogenbromid (3).

Br+ C4H10 -> C4H9* + H-Br
ΔH = 50 kJ/mol
(3)


Der dritte Schritt (ebenfalls eine Kettenreaktion) bringt die Bildung des ersten Substitutionsprodukts und eines Brom-Radikals als exergonische Reaktion (4).

C4H9* + Br-Br -> C4H9Br + Br*
ΔH = - 78 kJ/mol
(4)


Damit wird die Kettenreaktion nach dem Start insgesamt exergonisch und kommt erst durch Zusammentreffen von zwei Radikalen zum Abbruch. Eine andauernde Belichtung ist nicht notwendig und die Reaktion läuft auch über viele Schritte im Dunkeln weiter; allerdings nimmt durch dauernde Belichtung die Anzahl der Radikale zu.
Es können in Abhängigkeit vom Butan/Brom-Verhältnis sämtliche Wasserstoff-Atome ersetzt werden. Nähere Erläuterungen zum Reaktionsverlauf sind in den Lehrbüchern der Organischen Chemie ausgeführt. Bei der Bromierung werden nach [3, 95] abweichend von der Chlorierung tertiäre bzw. sekundäre Wasserstoff-Atome bevorzugt substituiert, obwohl sie gegenüber den primären in der Unterzahl auftreten. Wegen des geringeren exergonischen Charakters der Bromierung erfolgt die Substitution durch Brom-Atome selektiv an den etwas schwächer gebundenen Wasserstoff-Atomen des Butans.
Zur Charakterisierung der Reaktionsprodukte reicht in der Regel die Zugabe von Wasser und Indikator-Lösung; allerdings wird der Indikatorfarbstoff durch Bromspuren schnell gebleicht. Aus diesem Grund empfiehlt sich die Zugabe der oben genannten Natriumsulfit-Lösung. Dafür gilt die Reaktionsgleichung.

Br2 + Na2SO3/H2O -> 2 Br- +2 Na+ +SO42- +2 H+ (5)

Hier ist auf einen Indikatorzusatz zu verzichten, da bei dieser Reaktion Wasserstoff-Ionen entstehen. Im Wasser löst sich das entstandene Hydrogenbromid- Gas und stört daher den Geruchstest nicht.

2.2.4 Aufträge an die Lernenden zur Einübung des Aufstellens von passenden Reaktionsgleichungen zur Radikalischen Substitution
2.2.4.1Formuliere die Bildung des bevorzugt entstehenden ersten Brombutans ausgehend von reinem Butan (bzw. unter Einbezug der Gasanalyse aus [4]).
2.2.4.2 Formuliere den letzten Schritt der Bildung von 2,2-Dibrombutan (eventuell kann man einer schwächeren Lerngruppe als Hilfe angeben als Kettenabbruchreaktion).






Literatur:
[1] W. Eisner u.a., Elemente 1. Klett-Verlag, Stuttgart 1996
[2] W. Fischer und W. Glöckner, Stoff und Formel. Buchners Verlag, Bamberg 1987
[3] K. Peter, C. Vollhardt und N.E. Schore Titel des Buches
[4] Kurzvideo und GC- Diagramme unter www.sbb-stiftung.de/kepler.html


Abbildungslegenden:
Abb.1: Vorversuch zum Verdampfen von Butan
Abb.2: Bromierung von Butan


Anschrift der Verfasser:
Niko Dimitriadis
Christa Haase
Bernhard Horlacher

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D-70184 Stuttgart
GERMANY

Tel.: (0711) 480 64 - 40
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